Der Begriff Premiumisierung ist nicht nur gleichbedeutend mit „Luxus“ oder „teuer“, sondern hat sich in den letzten Jahren erheblich weiterentwickelt. Während es früher darum ging, Erfolg, Kultiviertheit und eine bisher unerreichte Qualität mit lifestyleorientierten Bildern widerzuspiegeln, liegt der Schlüssel jetzt darin, Vertrauen, Wert und stärkere persönliche Verbindungen zu den Verbrauchern zu schaffen. „Qualität“ bedeutet für viele verschiedene Verbraucher auch viele verschiedene Dinge. Deshalb muss jede Diskussion über Premiumisierung – was sie ist und wie man mit ihr erfolgreich sein kann – stets mit dem Wissen darüber einhergehen, was das Verhalten der Verbraucher motiviert.
Zum einen können diese persönlichen Verbindungen nun auch ethische, emotionale und ästhetische Erwägungen einschließen. Die Forschung zeigt auch, dass Nachhaltigkeit, Bequemlichkeit und Tradition die Qualität der Verbrauchererfahrung mit einem bestimmten Produkt erhöhen können. Für Marken und Hersteller bedeutet diese Verschiebung, dass Premiumisierung nicht länger ein Trend an sich ist. Es geht vielmehr darum, ein bestimmtes Produkt innerhalb seiner Kategorie zu positionieren und sicherzustellen, dass Sie den Verbrauchern einen ausreichenden Wert bieten.
„Wenn der Wettbewerb nicht nur über den Preis ausgetragen wird, neigen Marken dazu, einen Mehrwert zu schaffen, indem sie entweder etwas hinzufügen – Vitamine, Mineralien oder Fruchtstücke – oder etwas wegnehmen – wie etwa Laktose, Fett oder andere Elemente, die als ungesund gelten“, sagt Erik Sebelius, Solution Manager Chilled Solutions bei Tetra Pak. Ein Faktor dabei ist die Vorsicht der Verbraucher. Die wirtschaftliche Unsicherheit zwingt sie dazu, ihr Geld vernünftig auszugeben und Kompromisse einzugehen. Wenn sie sich also für Qualität entscheiden, muss das Produkt auch ihren Erwartungen entsprechen.
Als Beispiel führt Sebelius China an, wo der Markt für Trinkjoghurt in den letzten vier Jahren um mehr als 35 % geschrumpft ist. Ein Hersteller fügte jedoch Schweizer Schokoladenbonbons zu seinem Produkt hinzu und verlangte einen noch höheren Preis als zuvor. „Marken und Unternehmen müssen sich mehr Mühe geben, kreativ zu sein und einen Mehrwert zu bieten“, sagt er. „Alles dreht sich um den wahrgenommenen Wert dessen, was ein Produkt ist und was es leistet, im Vergleich zu seinem Preis.“
Um in dieser Hinsicht eine gute Balance zu erzielen, liegt für Marken eine Möglichkeit darin, beim Hinzufügen von Zutaten den Genussaspekt zu betonen – wie etwa im oben genannten Fall der Schokoladenbonbons. „Verbraucher erwarten etwas, das ihre Stimmung oder ihren Tag verbessert, und wir können dies als Teil des ‚Funflation‘-Trends sehen“, sagt Anna Larsson, Business Insights Leader bei Tetra Pak. „Es herrscht eine Nachfrage für neue, sinnliche Erfahrungen – etwas, das man nicht vergisst. Es geht nicht nur darum, das Leben der Verbraucher einfacher, bequemer oder reibungsloser zu machen, sondern auch darum, Genuss und Freude zu vermitteln.“
Ein anderer wichtiger Aspekt ist die Anpassung Ihres Angebots an sehr spezifische Bedürfnisse. „Einige Marken beschränken sich nicht mehr darauf, einfach nur ‚Milch‘ anzubieten“, sagt Sebelius. „Sie bieten eine Lösung für Schwangere mit einer maßgeschneiderten Rezeptur an, die die richtige Art von Vitaminen und Mineralien für diesen speziellen Bedarf enthält.“ Dies führt zu einer gewissen Fragmentierung des Angebots der Marken. Das sie sich aber an kleinere Zielgruppen wenden, können sie einen höheren Preis verlangen. „Als Verbraucher hat man das Gefühl, dass es sich um ein Produkt handelt, das nur für einen selbst geschaffen wurde.“
Auch die Verpackung ist für die Premiumisierung und die Qualitätswahrnehmung der Verbraucher wichtig. Über die grundlegenden Eigenschaften wie den Schutz des Produkts und die Funktionalität hinaus funktioniert die Verpackung hier auf einer emotionalen Ebene – sie muss Aufmerksamkeit, Interesse und Kaufabsicht wecken. Nicht umsonst wird dies als „erster Moment der Wahrheit“ bezeichnet. „Das Ziel ist etwas Ikonisches oder Einzigartiges“, sagt Sebelius. „Auf diese Weise lässt sich eine spezifische Identität um die Verpackung herum aufbauen.“
„Als wir erforschten, was ‚Premium‘ für Verbraucher bedeutet, sprachen diese sowohl über Form und Design als auch über ihre Wertschätzung für Einfachheit“, fügt Larsson hinzu. „Darüber hinaus besteht ein Wunsch nach etwas Innovativem oder Modernem, das aber nicht zu neu oder anders sein darf – es kann sich nicht um eine Form handeln, die deplatziert wirkt.“ Also: Schlicht und doch stilvoll; einzigartig, aber nicht zu überraschend. Sie muss robust und gut durchdacht sein, damit die Qualität einer Marke auf dem gesamten Weg zum Verbraucher erkennbar ist. „So wichtig die visuellen und emotionalen Elemente im Regal sind, geht es im zweiten Moment der Wahrheit auch um die Benutzerfreundlichkeit“, sagt sie.
Verbraucher, die sich für Premium-Produkte interessieren, legen oft ebenso viel Wert auf Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit. Für sie müssen die Marken auch in diesem Bereich Lösungen liefern. Aktuelle Trends beinhalten die Nachfrage nach biologischen, handwerklichen und nicht-industriellen Produkten – diese werden als natürlicher, gesünder und besser für unseren Planeten empfunden. Bei Verpackungen zähl der Eindruck des Handgemachten – beispielsweise handgeschriebene Etiketten oder mattes, unbehandeltes Papier und Karton.
„Tradition ist ein weiterer Trend, den wir weltweit beobachten“, sagt Larsson, „angetrieben von dem Wunsch eines Perspektivenwechsels vom Globalen zum Lokalen. Verbraucher wünschen sich das Gefühl, mit ihrem Geld die ‚richtigen‘ Hersteller und Produkte unterstützen. Wir können Nachhaltigkeit aber auch als Zusatznutzen betrachten, da Verbraucher sie heute als Standard erwarten – inzwischen ist sie für Marken einfach ein Muss. Um sich wirklich von der Masse abzuheben, müssen Marken Nachhaltigkeit mit Benutzerfreundlichkeit oder anderen Mehrwerten verbinden.“
Die Erfüllung all dieser Erwartungen ist selbstverständlich nicht frei von Herausforderungen. In erster Linie geht es darum, einen Mehrwert zu einem vernünftigen Preis zu bieten – sowohl in Bezug auf das Produkt als auch auf die Verpackung. „Es ist sehr einfach, einen zusätzlichen Nutzen zu schaffen. Hersteller müssen allerdings sicherstellen, dass sie weiterhin einen Gewinn erzielen – viele neue Lösungen sind nur schwer zu akzeptablen Kosten zu realisieren“, sagt Sebelius. „Sie benötigen Margen, aber auch Volumen – es geht darum, die optimale Balance zu finden.“
Darüber hinaus müssen Sie alle Elemente des Marketing-Mix verwalten und, wie Sebelius hinzufügt, „eine Feinabstimmung im Hinblick auf Ihren Markenwert, Ihren Zielkunden und Ihren bevorzugten Kanal vornehmen. Dies erfolgreich zu bewältigen, ist eine komplexe Aufgabe.“
Dennoch bietet die Premiumisierung viele Chancen für clevere Marken. „Unsere umfassende Verbraucherforschung kann Herstellern dabei helfen, Motivationen für einen bestimmten Konsumanlass besser zu verstehen – sowohl aus funktionaler als auch aus emotionaler Sicht, und das über mehrere verschiedene Kategorien hinweg“, sagt Larsson. „Somit können Sie die emotionalen und funktionalen Vorteile ihres idealen Produkts betrachten oder herausfinden, wo die weißen Flecken – unbefriedigte Bedürfnisse in verschiedenen Kategorien – auf dem Markt sind.“
Dazu kommt noch der Aspekt, Verbraucher in bestimmten geografischen Märkten oder an bestimmten Standorten anzusprechen, sowie eine größere Fragmentierung. Marken sind gezwungen, weniger über ein einziges großartiges Produkt nachzudenken, das an jeden und überall verkauft werden kann. Sie müssen vielmehr eine Reihe von spezifischen Nischen oder besonderen Bedürfnissen bedienen. Das ist ein Trend, der sich in den kommenden Jahren wahrscheinlich noch verstärken wird.
Und da wir von der Zukunft sprechen: Wohin führt die Premiumisierung? Im Bereich der besonderen Zutaten entwickelt sich die Technologie sowohl in Bezug auf die praktische Lösung – also beispielsweise Dosiersysteme und flexiblere Lösungen für Abfüllmaschinen – als auch in Bezug darauf, was hinzugefügt wird. „Hersteller arbeiten intensiv an der Entwicklung von Bakterienkulturen und Probiotika, die sie als Pulver oder zu einem frühen Zeitpunkt im Produktionsprozess hinzuzufügen“, sagt Sebelius. „Wenn es um die Förderung von Gesundheit oder Energie geht, denke ich, dass die Branche gerade erst an der Oberfläche dessen gekratzt hat, was den Verbrauchern angeboten werden kann.“
Außerdem gibt es die Aussicht auf generative KI, die das beschleunigt, was Larsson als den kreativen Teil bezeichnet – neue Konzepte, neue Ideen, neue Designs und neue Rezepte. Vielleicht ist es auch hilfreich, wenn es darum geht, neue Getränketrends zu erkennen und Produkte zu formulieren, die von diesen Trends profitieren. „Es wird sehr viel experimentiert, es gibt viele Life Hacks und es wird viel in den sozialen Medien geteilt“, fügt Larsson hinzu. „Die treibende Kraft dafür kommt direkt vom Verbraucher.“
Aber letztendlich geht es um Ihre Marke und den emotionalen Wert, den die Verbraucher mit ihr verbinden. Die Hervorhebung der funktionellen Aspekte Ihres Produkts wird weiterhin wichtig sein, aber auch die Hervorhebung der funktionellen Aspekte Ihrer Marke. Nur die Unternehmen, die sich auf eine engere persönliche Vernetzung mit den Verbrauchern konzentrieren – zum Beispiel indem sie ihr traditionelles Erbe hervorheben, nostalgische Elemente nutzen oder ihre Authentizität unterstreichen – werden im Premiumbereich erfolgreich sein.