Wie kann die Lebensmittel-, Getränke- und Verpackungsindustrie großen Herausforderungen wie dem Klimawandel und der Gewährleistung der Sicherheit und Verfügbarkeit von Lebensmitteln für eine wachsende Weltbevölkerung begegnen? Gemeinsame Innovationen sind laut Laurence Mott, Vice President für Entwicklung und Technik bei Tetra Pak, der Schlüssel. „Wir müssen in der Branche alle zusammenarbeiten, um nachhaltige Produkte zu liefern“, sagt er.
Die Herausforderungen sind klar und gut dokumentiert: Das globale Nahrungsmittelsystem ist für 26 % der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Ein Drittel aller Lebensmittel geht irgendwo in der Lieferkette verloren oder wird verschwendet. Die Verwendung von Materialien, die auf fossilen Brennstoffen basieren, muss eingestellt werden. Außerdem sind erhebliche Verbesserungen beim Umgang mit Verpackungen nach deren Gebrauch erforderlich.
Es überrascht vielleicht nicht, dass Laurence Mott, Executive Vice President für Forschung und Entwicklung bei Tetra Pak, davon überzeugt ist, dass sich diese Herausforderungen durch Innovationskraft bewältigen lassen. Ihm ist jedoch auch deutlich bewusst, dass das Unternehmen dies nicht allein schafft – obgleich es alle drei Jahre mehr als 1 Mrd. EUR in die Forschung und Entwicklung von Verpackungen investiert.
„Es ist relativ einfach, eine vollständig nachhaltige Verpackung zu entwickeln. Diese muss aber auch sicher sein“, erklärt er. „Wenn dies jedoch nicht im großen Maßstab möglich ist, kann die Lebensmittelverschwendung nicht minimiert und die Weltbevölkerung nicht versorgt werden. Um diese drei Dinge zu vereinen, ist eine sehr enge Zusammenarbeit erforderlich.“
Für Tetra Pak hat diese Zusammenarbeit viele Formen: Das Unternehmen arbeitet gemeinsam mit Hochschulforschern, hochmodernen Start-ups, Lieferanten (z. B. Kartonherstellern) sowie den Kunden des Unternehmens (Lebensmittel- und Getränkemarken) an der Entwicklung von Verpackungslösungen, die die Umwelt so wenig wie möglich belasten.
„Die traditionelle Vorstellung einer linearen Lieferkette ist passé“, erklärt Mott. „Wir müssen in einem zuverlässigen Netzwerk eng mit unseren Entwicklungspartnern zusammenarbeiten, die gleichzeitig unsere Lieferanten sind. Ebenso ist die enge Zusammenarbeit mit unseren Kunden wichtig. Dies alles parallel zu tun, ist eine enorme Herausforderung.“
Was Mott als „Entwicklungsnetzwerk“ bezeichnet, beginnt in der Regel in Hochschulen, wo Tetra Pak in technisches Know-how, Fähigkeiten und die Kompetenzförderung investiert. „Wir müssen während des Entwicklungsprozesses immer mehr Partner an Bord holen“, erklärt er.
„Dies tun wir sowohl im Rahmen unserer traditionellen Lieferkette als auch durch die Einbindung von Start-up-Unternehmen, die uns bereits einige fantastische innovative Ideen geliefert haben. Wir stehen dabei auch im engen Dialog mit unseren Kunden und deren Marken. Sie bieten unsere Entwicklungen letztendlich den Verbrauchern an.“
Die Verbraucher sind in der Tat einer der treibenden Faktoren für diesen Innovationsschub, da sie zunehmend nachhaltige Produkte fordern. Wie der Tetra Pak Indexbericht dieses Jahres offenbart, machen sich die Verbraucher selbst in Zeiten einer Pandemie ernsthafte Gedanken über die Umwelt und fordern von Lebensmittel- und Getränkemarken die Verwendung nachhaltiger Verpackungen.
„Es ist meiner Meinung nach eine hervorragende Chance, dass sich Verbraucher derart für nachhaltige Produkte interessieren“, erklärt Mott. „Sie bringen damit enormen Schwung in die Wertschöpfungskette und treiben die vollständige Transformation der Verpackungsindustrie voran. Unser Verpackungsmaterial besteht größtenteils aus nachwachsenden Rohstoffen. Jetzt haben wir zudem die hervorragende Chance, weitere Innovationen zu entwickeln, die zu 100 Prozent erneuerbar und recycelbar sind und zu der kohlenstoffarmen Kreislaufwirtschaft passen."
Ruben Rausing, der Gründer von Tetra Pak, sagte einmal, dass „eine Verpackung mehr einsparen sollte, als sie kostet“. Während er dies damals auf die Finanzen bezog, gilt die Aussage folgens Mott heute auch für die Nachhaltigkeit.
„Dies trifft heute vielleicht stärker zu als je zuvor“, betont er. „Es geht nicht nur darum, das Produkt in der Verpackung zu schützen. Wir sollten auch sicherstellen, dass die Verpackung minimalste Auswirkungen auf die Umwelt hat. Wir sind darin bisher ziemlich gut. Eine große Herausforderung der Zukunft wird für uns jedoch sein, dafür zu sorgen, dass die von uns hergestellten Materialien und die von uns verkauften Abfüllmaschinen ebenso wie die Prozessanlagen für die Saft- oder Milchprodukte mit einer kohlenstoffarmen Kreislaufwirtschaft im Einklang stehen.
„Wir wissen, dass die Verpackung mehr sparen sollte als sie kostet. Dies ist so etwas wie ein Leitfaden für die Innovationsreise, auf der wir uns befinden.“
Wie kann die Verpackungsindustrie angesichts des starken Wettbewerbs aus anderen Sektoren die Talente gewinnen, die zur Lieferung geeigneter Produkten für eine kohlenstoffarme Kreislaufwirtschaft erforderlich sind?
Laurence Mott räumt ein, dass die Verpackungsindustrie in den vergangenen Jahren nicht immer das attraktivste Ziel für innovative Köpfe war. „Aber jetzt haben wir die hervorragende Gelegenheit, die Welt zu verändern und hinsichtlich der Lieferung nachhaltiger Produkte Großes zu bewirken“, erklärt er.
Die Fähigkeiten, die erforderlich sind, um Innovationen in der Verpackungsindustrie voranzutreiben, mögen den zufälligen Beobachter überraschen. „Wir benötigen eine Vielzahl von technischen und wissenschaftlichen Talenten, angefangen von Maschinenbau- und Automatisierungsingenieuren über Mikrobiologen bis hin zu Regulierungsspezialisten und mehr“, erklärt Mott. „Diese zu finden, ist auf dem heute stark umkämpften Markt eine große Herausforderung.“
Ein wettbewerbsfähiger – und zugleich immer vielfältigerer – Markt. Mott weist darauf hin, dass viele wichtige Innovationsrollen innerhalb von Tetra Pak und anderswo in der Branche mittlerweile von Frauen besetzt werden. „Der Bereich Automatisierung und Entwicklung wird von einer Frau geleitet, ebenso wie die Abteilungen für Programmmanagement, Systemtechnik sowie Materialien und Verpackung“, erläutert er. „Vielfalt an den Arbeitsplatz – und in die Denkweise – zu bringen, ist genauso herausfordernd wie die richtigen Talente zu gewinnen. Das gelingt uns meiner Meinung nach derzeit ziemlich gut.“