Die weltweiten Veränderungen des Jahres 2020 haben auch die Einstellungen und das Verhalten der Verbraucher wesentlich beeinflusst. Im diesjährigen Index haben wir sowohl die bleibenden Trends untersucht, die voraussichtlich über die COVID-19-Pandemie hinaus andauern werden, als auch die damit verbundenen Chancen in drei Schlüsselbereichen: Zuhause, Gesundheit und Umwelt.
Ein Jahr nach dem letzten Tetra Pak Index, in dem wir erstmals die weltweiten Auswirkungen von COVID-19 auf Verbraucher erfassten, hat sich die Welt erheblich verändert. Unsere Recherchen haben dabei erhebliche landesspezifische Unterschiede aufgedeckt, insbesondere zwischen Märkten in Industrie- und Schwellenländern.
Bei den globalen Verbrauchersorgen, die der Tetra Pak Index in den letzten drei Jahren verfolgt hat, steht COVID-19 weiterhin (fast) überall an erster Stelle: Tatsächlich sind die entsprechenden Werte auf internationaler Ebene um 6 % auf insgesamt 70 % gestiegen. Besonders groß ist die Besorgnis in den Schwellenländern, insbesondere in Brasilien (82 %). In den Industrieländern beginnt hingegen ein leichtes Aufatmen. Grund dafür sind erfolgreich eingeführte Impfprogramme, die Reduzierung der Beschränkungen und das allmählich zurückkehrende Vertrauen der Verbraucher.
In den USA zum Beispiel ergab eine Umfrage von Nielsen Audio im Juni 2021, dass sich 90 % der Befragten bereit fühlten, ihre vor der Pandemie ausgeübten Aktivitäten wieder aufzunehmen – 84 % kauften bereits wieder mehr Lebensmittel in Geschäften ein und 59 % trafen sich wieder häufiger persönlich mit anderen.
Die Einstellung zum Thema Gesundheit hat sich im Laufe der Pandemie allgemein verändert. Zunächst legten die Verbraucher großen Wert auf Schutz und Hygiene. Jetzt kristallisiert sich eine ganzheitlichere Sichtweise heraus, bei der Gesundheit und Wohlbefinden als eine Möglichkeit betrachtet werden, um in einer Welt nach COVID-19 sicher und widerstandsfähig zu bleiben. Die Nachfrage nach Functional Food wächst – insbesondere nach Lebensmitteln, die das Immunsystem stärken. Auch das Bewusstsein für mentales Wohlbefinden – das insbesondere durch die Pandemie stark auf die Probe gestellt wurde – wächst. Das äußert sich darin, dass viele Verbraucher derzeit Lebensmittel als Komfort- und Energiequelle nutzen.
Die Sorge um die Umwelt ist unterdessen geblieben. Wie auch im Jahr 2020 sind Umweltthemen erneut auf Platz 2 der weltweiten Verbrauchersorgen zu finden und sogar leicht gestiegen. Sie wurden von genau der Hälfte der Verbraucher genannt. Im Vereinigten Königreich sorgen sich die Befragten heute tatsächlich mehr um die Umwelt als um COVID-19 (63 % vs. 58 %) – das einzige Land, in dem dies der Fall ist.
Verbraucher denken intensiver über die Auswirkungen ihres eigenen Handelns nach: Fast die Hälfte der weltweit Befragten glaubt mittlerweile, dass sich jede Entscheidung, die sie in ihrem täglichen Leben treffen, auf die Umwelt auswirkt. Umweltbelange haben sich auf breitere Nachhaltigkeitsaspekte ausgeweitet, insbesondere auf gesellschaftlicher Ebene und vor allem in lokalen Gemeinschaften. Hier herrscht eine Tendenz zu einer bewussteren, verantwortungsvolleren Form des Konsums vor. Verbraucher erwarten zunehmend, dass Produkte aus verantwortungsvollen Quellen stammen, fair gehandelt werden, klimaneutral sind und eine recycelbare Verpackung haben.
Wirtschaftliche Belange rangieren auf Platz 3 und sind gegenüber dem Jahr 2020 ebenfalls leicht gestiegen. Dies spiegelt die zunehmenden Sorgen über die finanziellen Auswirkungen der Pandemie wider. Schwellenländer sind davon stärker betroffen. Hier sind die Bedenken hinsichtlich der Erschwinglichkeit von Gütern besonders ausgeprägt. Doch auch in der entwickelten Welt ist die Sorge zu spüren und trägt zu sozioökonomischen Kluften bei. In den USA stieg die Zahl der Menschen, die eine Lebensmitteltafel nutzen, von 12 % im Jahr vor der Pandemie auf 19 %. Eine von der EU finanzierte Umfrage zu den Auswirkungen von COVID-19 auf das Ernährungsverhalten der Verbraucher in Europa ergab, dass ein Drittel der befragten Käufer aufgrund der Pandemie ihr Einkommen teilweise oder vollständig verloren hatte. Mehr als die Hälfte berichten von Schwierigkeiten, mit ihrem Geld bis zum Ende des Monats über die Runden zu kommen.
Kostenbewusstsein begünstigt diverse Verbraucherverhalten. Hierzu zählt unter anderem die Rückkehr zum Wesentlichen beim Kauf von Lebensmitteln. Grundnahrungsmittel und Kernkategorien haben wieder Vorrang. Hinzu kommen ein sorgfältigeres Finanzmanagement und überlegtere Einkäufe sowie eine bessere Speisenplanung, um Verschwendung zu vermeiden. Letzteres wird auch von Nachhaltigkeitsaspekten gefördert.
Lebensmittelsicherheit und die zukünftige Lebensmittelversorgung liegen auf Platz 4, und sind gegenüber 2020 leicht rückläufig. Eine genauere Betrachtung zeigt, dass die Mehrheit der Befragten (65 %) noch immer glaubt, dass unzureichende Lebensmittelsicherheit eine ebenso große Bedrohung für die Gesellschaft darstellt wie COVID-19. Besonders in China ist die Sorge um die Lebensmittelsicherheit nach wie vor auffallend hoch und für 88 % der Befragten ein großes Anliegen. Auch Entwicklungsländer wie Südkorea, Südafrika und Nigeria liegen deutlich über dem Durchschnitt.
Der Zugang zu Nahrungsmitteln ist während der Pandemie ebenfalls zu einem wichtigen Anliegen geworden – wiederum vor allem in Schwellenländern. In Nigeria und Südafrika beispielsweise glauben 60 % der Verbraucher, dass die Pandemie das Lebensmittelversorgungssystem ernsthaft gestört hat. Die Fakten geben ihnen recht. Laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen hat der Hunger seit dem Ausbruch der COVID-19-Pandemie weltweit dramatisch zugenommen. Im vergangenen Jahr waren zwischen 720 Millionen und 811 Millionen Menschen mit schwerer Nahrungsmittelknappheit konfrontiert – ein Anstieg um 161 Millionen gegenüber 2019.
Die vielleicht erstaunlichsten Verbraucherentwicklungen, die wir im letzten Jahr beobachten konnten, beziehen sich jedoch auf das alltägliche Verhalten zu Hause. Darauf möchten wir daher in diesem Bericht zuerst eingehen. Seit rund 18 Monaten ist das Zuhause der Mittelpunkt unseres Lebens, was zu neuen Gewohnheiten, Routinen und Ritualen geführt hat – unter anderem zu einer Vielzahl neuer und veränderter Konsumanlässe.
Um diese besser zu verstehen, haben wir eine große globale Demand Spaces-Studie durchgeführt. Sie ist ein wesentlicher Bestandteil der umfangreichen Recherchen, die beim diesjährigen Index berücksichtigt wurden. In dieser Studie haben wir spezifische Anlässe für den Konsum von Getränken analysiert und diese nach Anlass und Bedarf gruppiert. Daraus gingen 12 Demand Spaces hervor, die als Schnittmenge aus dem Kontext (dem demografischen Profil der Verbraucher, dem Ort und dem Zeitpunkt des Anlasses und der Gesellschaft, in der sie sich dabei befinden) und den emotionalen und funktionalen Bedürfnissen der Konsumenten definiert sind. Dabei ist jeder „Space“ mit einer eigenen Reihe von Anforderungen verbunden.
Daneben haben wir auch die Veränderungen im Auftreten der Anlässe für diese Demand Spaces im letzten Jahr identifiziert. Der größte Anstieg war in den Bereichen Gesundheit und Umwelt zu verzeichnen, auf die wir in diesem Bericht ausführlicher eingehen.
Die Pandemie hat unsere Wertschätzung für menschlichen Verbindungen gestärkt, sowohl hinsichtlich der eigenen Familie zu Hause als auch dem erweiterten Bekanntenkreis im Rahmen oftmals virtueller Interaktionen. Gemeinsame Erlebnisse bei Speisen und Getränken spielen oft eine Schlüsselrolle, um diese Verbindungen angenehm zu gestalten. Auch wenn sie alleine konsumiert werden, spielen Speisen und Getränken eine stärkere Rolle für Gesundheit und Selbstfürsorge.
Nachdem in einigen Regionen die Lockdowns aufgehoben wurden, steigt das Verlangen der Verbraucher nach „sicheren“ außerhäuslichen Erfahrungen. Trotzdem versuchen sie, diese mit den angenehmen Facetten des Lockdowns – wie Kochen und Familienmahlzeiten – in Einklang zu bringen.
Verpackungen spielen bei der Erfüllung der funktionalen, informativen und emotionalen Bedürfnisse der Verbraucher eine Schlüsselrolle. Wir untersuchen hier diese Bedürfnisse und wie sie erfüllt werden können.